Kann der sich selbst kündigende Verwaltungsrat Arbeitslosengelder verlangen?
Man stelle sich folgenden Sachverhalt vor: Schreiner X gründet die X-AG, von der er sämtliche Aktien besitzt und deren einziger Verwaltungsrat er ist – eine klassische Einmann-AG. Zudem stellt er sich als Arbeitnehmer ein und bezahlt sich einen Lohn aus. Nach einer Erfolgswelle bricht die Auftragslage ein. Der findige X kündigt sein Arbeitsverhältnis, lässt die Firma X-AG aber bestehen. Sodann meldet er sich, gerissen wie er ist, bei der öffentlichen Arbeitslosenkasse arbeitslos und bezieht Arbeitslosentaggelder. Sobald die Auftragslage wieder anzieht, stellt er sich wieder ein. Ist dies zulässig?
Juristisch formuliert stellt sich die Frage, ob Personen, die einen massgeblichen Einfluss auf die Willensbildung desjenigen Unternehmens (und damit auf ihre eigene Kündigung) haben, bei dem sie als Arbeitnehmer angestellt sind, nach Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses Ansprüche auf Arbeitslosenentschädigung geltend machen können.
Interessanterweise äussert sich das Arbeitslosenversicherungsgesetz („AVIG“) hierzu nicht explizit, dies, obwohl die in dieser Konstellation bestehende Missbrauchsgefahr schon seit langem erkannt wurden. Das AVIG äussert sich diesbezüglich nur im Rahmen der Kurzarbeits- und Insolvenzentschädigung, bei denen es die Geltendmachung der genannten Ansprüche denjenigen Arbeitnehmern verbietet, „die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihren mitarbeitenden Ehegatten“.
Bedeutet das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung im Rahmen der gewöhnlichen Arbeitslosenentschädigung nun, dass in unserem Beispiel X Anspruch auf Arbeitslosentaggelder hat? Die Antwort: Grundsätzlich ja, aber mit Vorbehalten:
Die oben genannte, die Kurzarbeitsentschädigung betreffende Bestimmung wird nämlich bei der gewöhnlichen Arbeitslosenentschädigung analog angewandt, sofern die Gefahr eines Rechtsmissbrauchs besteht. Diese Gefahr wird solange bejaht, als der ehemalige Arbeitnehmer aufgrund der weiterhin bestehenden Einflussmöglichkeiten den kündigenden Betrieb wieder aktivieren und sich selber wieder einstellen kann. Sofern die Missbrauchsgefahr aber nicht mehr besteht, wenn also X seine Einflussmöglichkeiten definitiv aufgibt, so steht die ehemalige arbeitgeberähnliche Stellung dem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht entgegen.