Die Ehegatten Zweifel sind seit 30 Jahren verheiratet und haben eine gemeinsame Tochter Ronja. Verstirbt die Ehefrau und hinterlässt kein Testament, erhalten der Ehemann und die Tochter je die Hälfte des Nachlasses, was dem gesetzlichen Erbteil entspricht. Daranändert sich mit dem neuen Erbrecht, das seit dem 1.Januar 2023 gilt, nichts.
Existiert jedoch ein Testament, welches vor dem 1.1.2023 errichtet wurde und wie folgt lautet: «Ich setze meine Tochter auf einen Pflichtteil von drei Achteln», hätte die Tochter 3/8 des Nachlasses und der Ehemann den Rest (5/8) erhalten, wenn die Ehefrau vor dem 1.Januar 2023 verstorben wäre.
Stirbt die Ehefrau jedoch nach dem 1. Januar 2023, wird der Pflichtteil der Kinder kleiner und beträgt nicht mehr ¾ des gesetzlichen Erbteils, sondern nur noch ½. Somit beläuft sich der Pflichtteil von Ronja neu auf ¼ (½ Pflichtteil des gesetzlichen Erbteils von ½) anstatt wie früher 3/8.
Es stellt sich die Frage, was die Ehefrau mit dem Testament bezwecken wollte bzw. was ihr effektiver letzter Wille war. Wollte sie dem Ehemann möglichst viel überlassen und setzte deshalb die Tochter auf den Pflichtteil? Oder wollte sie der Tochter genau 3/8 des Nachlasses vererben?
Hätte das Testament gelautet: «Ich setze meine Tochter auf den Pflichtteil», wäre damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass der Pflichtteil zur Anwendung gelangt, welcher zum Zeitpunkt des Todes gesetzlich gilt. Im vorliegenden Fall wäre das ein Pflichtteil von 3/8 beim Versterben der Ehefrau vor dem 1. Januar 2023 und ab dem 1.1.2023 ein Pflichtteil von ¼.
Beim Verfassen von Testamenten oder Ehe- und Erbverträgen sind unklare Formulierungen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Erbrechtsrevision. Auch bereits verfasste Testamente oder Erbverträge sind darauf hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
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