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Arbeitsrechtliche Aspekte bei internen Untersuchungen

Nicht selten führen Arbeitgeber eigene oder durch beauftragte Dritte Untersuchungen von potenziellen Verstössen gegen das Gesetz oder interne Richtlinien durch. In diesem Zusammenhang stellen sich zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen. Arbeitgeber tun gut daran, den internen Prozess sowie Rechte und Pflichten von Untersuchungsbeteiligten in einer Richtlinie festzuhalten. Der nachfolgende Beitrag gibt einen kompakten Überblick über die zu beachtenden Aspekte und enthält konkrete Handlungsempfehlungen.

Interessen des Arbeitgebers

Arbeitgeber stützen sich auf zahlreiche legitime Interessen, wenn sie bei Verdacht auf Missstände im Unternehmen eine interne Untersuchung selbst oder durch Dritte durchführen. Einerseits sollen Verletzungen von internen und externen Vorschriften durch Mitarbeitende verhindert werden, die zu einer Haftung und/oder einem Reputationsschaden des Arbeitgebers führen könnten. Andererseits trägt der Arbeitgeber in Bezug auf seine eigenen Mitarbeitenden eine Fürsorgepflicht und hat diese beispielsweise vor Mobbing oder sexueller Belästigung zu schützen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen einer internen Untersuchung erlangen Arbeitgeber mehr Klarheit über Verdachtsmomente und können bei effektiven Verstössen adäquate arbeitsrechtliche Massnahmen aussprechen. Bei unbegründeten Vorwürfen sollen Mitarbeitenden andererseits keine Nachteile erwachsen.

Interessen der Arbeitnehmenden

Für Arbeitnehmende kann der Vorwurf eines nicht pflichtgemässen Handelns resp. Compliance-Verstosses sehr belastend sein. Die Fürsorgepflicht gebietet es, dass Mitarbeitende im Detail über mögliche gegen sie gerichtete Vorwürfe in Kenntnis gesetzt werden, damit sich diese entsprechend verteidigen können („Anspruch auf rechtliches Gehör“). Weiter sollten solche Untersuchungen rasch durchgeführt und durch eine neutrale Stelle untersucht werden. Dies umso mehr, falls eine Verdachtskündigung im Raum steht und eine subjektive Vorverurteilung ausgeschlossen werden soll. Entsprechend sollten Freistellungen während eines bestehenden Verdachts nur nach Abwägung sämtlicher Interessen ausgesprochen werden, wenn es die Sachlage (drohender Schaden) dringend gebietet.

Subjekt einer Untersuchung zu sein stellt einen starken Eingriff in die Persönlichkeit von Mitarbeitenden dar und ist deshalb unter strengster Geheimhaltung durchzuführen. Sämtliche an der Untersuchung Beteiligten sind an die Geheimhaltung gebunden und darüber explizit zu Beginn der Involvierung in eine Untersuchung in Kenntnis zu setzen. Trotz der strengen Vertraulichkeit ist der Arbeitgeber gut beraten, die befragten Mitarbeitenden vor ihrer Aussage darauf hinzuweisen, dass sie im Rahmen eines möglichen Gerichtsverfahrens (z.B. bei einer Klage wegen missbräuchlicher Kündigung) als möglicher Zeuge aussagen müssen. Dies bedeutet, dass die absolute Anonymität eines Whistleblowers oder einer befragten Person nicht gewährleistet ist.

Rechtmässigkeit von Beweiserhebungen

Weitere Fragen stellen sich sodann im Bereich der Beweiserhebung. Inwiefern Arbeitgeber im Rahmen einer Untersuchung beispielsweise auf einen Computer resp. E-Mails zugreifen dürfen, hängt davon ab, ob die Rechtmässigkeit für einen solchen Eingriff gegeben ist.

Die Rechtmässigkeit solcher Eingriffe unterliegt folgenden Parametern:

  • Erkennbarkeit für Betroffene:

Arbeitgeber sollten in einem internen Reglement festhalten, unter welchen Umständen sie auf Computer resp. E-Mails von Mitarbeitenden zugreifen. Zudem empfiehlt es sich, Mitarbeitende darüber aufzuklären, wie ein solcher Prozess aussieht und wer im Unternehmen in eine Untersuchung seitens des Arbeitgebers handelt.

  • Verhältnismässigkeit:

Datenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Aspekte verlangen, dass der Arbeitgeber seine Rechte nur im berechtigten Interesse und so schonend wie möglich ausübt. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Wahrheitsfindung muss im Einzelfall gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers, dass keine sog. Verhaltenskontrolle stattfindet, überwiegen. Auf der anderen Seite verlangt die Treuepflicht des Arbeitnehmers, bei einer internen Untersuchung mitzuwirken und den Arbeitgeber in der Wahrheitsfindung zu unterstützen.

Arbeitsrechtliche Sanktionen und Einsichtsrechte von Beteiligten

Es ist Ausfluss der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, dass die am Verfahren Beteiligten über den Abschluss des Verfahrens informiert werden. Auch dort hat jedoch eine Verhältnismässigkeitsprüfung stattzufinden, in welchem Umfang Informationen geteilt werden. Befragte Personen und ein Whistleblower sollten ein Anrecht haben zu erfahren, ob der zu beurteilende Vorwurf begründet war oder nicht. Sie haben jedoch keinen Anspruch zu erfahren, welche allfälligen individuellen arbeitsrechtliche Massnahmen seitens des Arbeitgebers ergriffen werden. Entsprechend haben solche befragten Personen beispielsweise kein Recht auf Einsicht in einen Untersuchungsbericht, sondern nur in ein Protokoll ihres eigenen Interviews, um die gemachten Aussagen zu überprüfen.

Fehlbare Mitarbeitende, gegenüber denen Massnahmen ergriffen wurden, haben Anrecht auf Einsicht in einen Untersuchungsbericht. Arbeitgeber haben jedoch gestützt auf legitime Interessen, z.B. von interviewten Personen, das Recht, entsprechende Schwärzungen im Untersuchungsbericht zum Schutz dieser Interessen vorzunehmen.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

1) Erstellen Sie firmeninterne Reglemente:

  • welche die allgemeine Erwartungshaltung des Unternehmens betreffend die Einhaltung („Compliance“) von Gesetzesbestimmungen und internen Regelungen definiert (sog. Verhaltenskodex),
  • welche die Nutzung von Geschäfts- und privaten E-Mails festlegt und den möglichen Zugriff durch den Arbeitgeber festhält,
  • wie, von wem und unter welchen Voraussetzungen interne Untersuchungen im Unternehmen durchgeführt werden, und welche Verfahrensgrundsätze gelten,
  • welche Massnahmen und Sanktionen ergriffen werden im Falle von Compliance-Verstössen.

2) Schulen Sie Mitarbeitende bezüglich Compliance sowie den vorerwähnten Reglementen

Halten Sie darin fest:

  • dass die Meldung von potenziellen Compliance-Verstössen an den Arbeitgeber erwartet und eine mögliche Anlaufstelle im Unternehmen offeriert wird,
  • dass Sie keine Compliance-Verstösse tolerieren und solche geahndet und adäquat sanktioniert werden,
  • dass keine Vorverurteilungen und keine Vergeltungsmassnahmen akzeptieren werden.

3) Leben Sie als Arbeitgeber die Compliance vor und handeln danach

Schaffen Sie eine authentische Vertrauenskultur, in welcher sich Mitarbeitende getrauen, Missstände zu melden, und setzen Sie keine falschen Anreize, die eine mögliche Non-Compliance im Unternehmen fördern.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Implementierung und Überprüfung von internen Compliance-Richtlinien sowie bei der Umsetzung von internen Untersuchungen.

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