Die Unternehmensverantwortungsinitiative in der Schweiz hat aufgezeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit mehr umfasst als nur das Thema Klimaschutz. Verschiedene Anspruchsgruppen (Investoren, Kunden, Geschäftspartner etc.) fordern von Unternehmen über ein breites Spektrum hinweg ein verantwortungsvolles, nachhaltiges Wirtschaften, das einen positiven Beitrag für die Gesellschaft verlangt und die gesamten Lieferkette mitumfasst. Auch zeigen neuste Gesetze und Gesetzesänderungen im In- und Ausland, dass die Umsetzung von sog. „ESG“-Massnahmen und die transparente Berichterstattung darüber (Environmental, Social and Governance) kein „nice-to-have“ mehr sind.
Was versteht man unter „ESG“?
ESG steht für Environmental, Social und Governance und wird verstanden als eine Reihe von Geschäftspraktiken (einschliesslich Strategien, Verfahren und Kennzahlen, usw.), die ein Unternehmen definiert hat, um seine negativen Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesellschaft und den Bereich der Unternehmensführung zu begrenzen und/oder seine positiven Auswirkungen zu verstärken und darüber transparent zu berichten. Der Erfolg und Wert eines Unternehmens werden von der Aussenwelt (aber auch von den Mitarbeitenden) nicht mehr nur darin gemessen, was der kurzfristige Unternehmensgewinn ist, sondern darin, wie nachhaltig und ethisch korrekt ein Unternehmen im Geschäftsverkehr agiert und welchen positiven Beitrag dieses an die Gesellschaft leistet.
Der Teil „Umwelt“ (Environmental) der ESG umfasst beispielsweise Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Produkten, Dienstleistungen und der Lieferkette auf den Klimawandel (z. B. Treibhausgasemissionen, Abholzung) sowie Massnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung, Abfallwirtschaft, Energieeffizienz, Wasserwirtschaft, Sicherung der biologischen Vielfalt, Aufforstung, usw.
Der Teil „Soziales“ (Social) der ESG umfasst beispielsweise Fragen im Zusammenhang mit Arbeitnehmenden (z. B. Menschenrechte, Vielfalt, Gleichstellung und Integration, Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter, usw.), mit Arbeitsbedingungen in der Lieferkette, dem Verbraucherschutz, dem Tierschutz, usw. Der Teil „Unternehmensführung“ (Governance) der ESG umfasst beispielsweise Fragen im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit und Vielfalt des Verwaltungsrats, mit den Rechten der Aktionäre, der Vergütung des Managements sowie der Unternehmensethik (einschliesslich der Einhaltung von Antikorruptionsvorschriften, des Schutzes personenbezogener Daten, der Einhaltung von Kartell- und Wettbewerbsvorschriften, der Cybersicherheit usw.).
Warum ist ESG so wichtig?
Der ESG-Ansatz trägt dazu bei, mögliche Risiken (einschliesslich finanzieller und Reputations-Risiken) im Zusammenhang mit riskanten und unethischen Geschäftstätigkeiten zu mindern und die Nachhaltigkeit eines Unternehmens langfristig zu gewährleisten. Darüber hinaus trägt dieser Ansatz dazu bei, den Ruf eines Unternehmens auf dem Markt zu verbessern, auch bei derzeitigen und potenziellen Mitarbeitern, Investoren, Kunden und anderen Geschäftspartnern des Unternehmens. Werden im Gegenteil Risiken missachtet oder kommt es gar zu Vorfällen im ESG-Bereich, selbst wenn diese sich diese auf Stufe von Zulieferer zutragen, wird ein Unternehmen heutzutage verantwortlich gemacht, mit teils unwiderruflichem Vertrauensverlust.
Was beinhaltet das Nachhaltigkeits-Management?
Nachhaltigkeitsmanagement integriert:
eine Unternehmensstrategie, die einen langen Zeithorizont aufweist (inkl. einer nachhaltigen Risiko-, Opportunitäts- und Materialitätsanalyse) und eine langfristige Profitabilität anstrebt;
Unternehmens- und Nachhaltigkeitsziele, die dazu führen, einen langfristigen, positiven Beitrag an die Gesellschaft zu leisten, und zwar mit dem Fokus, in den Bereichen, in welchen ein Unternehmen den grössten Beitrag („Materialität“ des Beitrags) leisten kann;
eine Unternehmensführung und -organisation, die umweltspezifische und soziale Aspekte (Diversität, insbesondere bei leitenden Funktionen, Einhaltung von Menschenrechten, etc.) und klare Governance-Strukturen zur Sicherstellung der Unternehmens-Compliance berücksichtigt;
das Messen der Nachhaltigkeitsleistungen anhand etablierter Kriterien / Ziele (sog. „Key Performance Indicators“ oder kurz KPIs) und transparente Berichterstattung darüber.
Die transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung eines Unternehmens liefert einen Überblick über die Leistung des Unternehmens in den ESG-Bereichen anhand definierter Leistungskriterien. Als Hilfestellung dienen dabei anerkannte Nachhaltigkeitsstandards, wie z.B.
EU-Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung
Standards der Global Reporting Initiative (GRI)
Standards des Sustainability Accounting Standards Board (SASB)
Standards des Carbon Disclosure Project (CDP)
Solche Standards erlauben es Unternehmen eine Übersicht zu gewinnen, welche Nachhaltigkeitsthemen das Unternehmen beschäftigen sollte, entsprechende Ziele zu definieren und gemachte Fortschritte oder Misserfolge festzuhalten, über mehrere Jahre zu messen und Vergleiche mit anderen Unternehmen anzustellen.
Bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist sodann elementar, dass ein Unternehmen bezüglich seiner festgelegten Kriterien über korrekte, robuste Daten verfügt und Mechanismen zur Kontrolle dieser Daten etabliert. Falsche oder gar zu gut dargestellte Daten („window dressing“) kann zu erheblichem Vertrauens- resp. Reputationsverlust führen.
Unsere Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen vorantreiben oder noch weiter optimieren wollen:
1) Definieren Sie, welche Nachhaltigkeitsthemen Ihrer Unternehmung am wichtigsten sind und berücksichtigen Sie dabei auch die Erwartungshaltung ihrer Mitarbeitenden (inkl. potentielle Bewerber) und externer Anspruchsgruppen (Investoren, Kunden, Geschäftspartner, usw.).
2) Definieren Sie als Unternehmensleitung, wie die Verantwortlichkeiten für Ihre Nachhaltigkeitsthemen verteilt sind und verstehen Sie diese Verantwortlichkeiten und Rollen als integrierter Bestandteil Ihrer Organisation und nicht als einen losgelösten Teil.
3) Legen Sie anhand von anerkannten Nachhaltigkeitsstandards Nachhaltigkeitsziele fest und definieren Sie, wie Sie diese messen und erfassen können. Orientieren Sie sich im Vergleich mit anderen Firmen an den „best-in-class“-Firmen und seien Sie innovativ. Sprechen Sie auch mit Ihren Lieferanten, kommunizieren Sie Ihre Erwartungen und definieren gemeinsame Nachhaltigkeitsziele.
4) Kommunizieren Sie intern und extern über Ihre Position und Ihren Ansatz im Bereich der Nachhaltigkeit und Ihre Bemühungen, stellen Sie sicher, dass diese im Unternehmen verstanden werden, und nennen Sie auch die Bereiche, in denen Sie sich noch verbessern wollen.
5) Berichten Sie regelmässig über Ihre Verbesserungen im Rahmen Ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung und veröffentlichen Sie einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht.